Stellungnahme der AG Heimatpflege vom 25.5.2016 zum Neufassungsentwurf der Satzung zur Erhaltung baulicher Anlagen sowie über örtliche Bauvorschriften in der Stadt Isny im Allgäu (Altstadtsatzung) gegenüber Stadtverwaltung und Gemeinderat
Veröffentlichung auszugsweise:
Die Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege begrüßt die vorgesehene Neufassung der Altstadtsatzung nunmehr 35 Jahre nach ihrem gemeinsamen Zustandekommen in den drei Allgäustädten Isny, Wangen und Leutkirch. Gleichzeitig bedauern wir, dass die Neufassung der Satzung erst jetzt – d. h. nach der definitiven Entscheidung des Gemeinderates über die Neubebauung und damit über die Neugestaltung der Südlichen Altstadt – in die Wege geleitet wird.
Die Isnyer Altstadt ist schützenswerter als je zuvor. Dazu ein paar für die AG Heimatpflege wesentliche Gedanken und Überlegungen, die unter anderem bereits im „Kommentar zur Gestaltungssatzung Wangen, Leutkirch, Isny“ 1982 enthalten sind.
An den Stadteingängen, in den Hochglanzprospekten der Isny Marketing AG und in den sonstigen Medien wird immer wieder auf die „Historische“ Altstadt von Isny als Besonderheit und als besuchenswert hingewiesen.
Diese Altstadt war und ist auch kein starres Gebilde und hat im Laufe ihrer Zeit ihr Gesicht immer wieder verändert. Dies ging jahrzehntelang sehr langsam und behutsam vor sich, weil Grundstücksstrukturen nicht geändert wurden und traditionelle Baumaterialien und handwerkliche Technik einen engen Entwicklungsspielraum begrenzten.
An eigenen und fremden Beispielen ist uns inzwischen bewusst geworden, dass der Entwicklungsprozess der Altstadt gefährdet ist und sich dieser Trend, sei es in Bauformen, Baumaterialien, Farbgebungen usw. mehr oder weniger unmerklich fortsetzt. Ursachen dafür sind zunehmendes Individualitätsstreben und das Bewusstsein, technisch wie architektonisch „alles" machen zu können.
Das führt letztlich zu einem baulichen Konglomerat, wie wir es in vielen anderen Städten schon haben, spannungslos und langweilig, noch ergänzt mit vertrauten Werbeanlagen, die sich auch in Berlin, Stuttgart oder Hamburg wiederfinden. . Mit „modernem“ Bauen hat das nicht mehr viel zu tun. So kann eine Altstadt in ihrer Baustruktur und in ihrem äußeren Erscheinungsbild in wenigen Jahren völlig verändert werden und damit ihre unverwechselbare Identität verlieren.
Sie sollte Zeit zum Nachdenken verschaffen und zum behutsameren und einfühlsameren Bauen in der Altstadt veranlassen. Sie wollte roter Faden sein zur Mäßigung und Rücksichtnahme, wollte von Fall zu Fall mahnender Bauberater sein, nicht nur im Rückblick auf Historisches, sondern in der Anwendung alter Formensprache mit heutigen Stilmitteln und Kenntnissen. In der Kombination von industriell Fabriziertem und handwerklicher Anwendung und Ergänzung wollte die Satzung Chancen einer altstadtgerechten Erneuerung aufzeigen.
Sie beschreibt alles bis ins Detail, was das Gesicht unserer Altstadt als Herz der Gesamtstadt prägt und worauf es bei der baulichen Gestaltung im wesentlichen ankommt. Schlussendlich will sie das Bewusstsein aller am Bauen in der Altstadt Beteiligten sensibilisieren. An wen wendet sich die Altstadtsatzung?
Eine mitentscheidende Verantwortung für die Baukultur und ihr Erscheinungsbild der Isnyer Altstadt haben die Architekten und die Entwurfsverfasser. Ohne die architektonische Planungsfreiheit in Frage stellen zu wollen, sind sie die Berater der Bauherren und letztlich die Vermittler der Baukultur; in der praktischen Umsetzung dann im Verbund mit den ausführenden Baufirmen, vornehmlich mit den Handwerkern, als Letztverantwortliche die gewählten Bürgervertreter im Verbund mit der Verwaltung.
In Isny ist die Satzung seit Jahren zu den Akten gelegt worden; sie ist von verschiedenen Formulierungen und Rechtsbegriffen her in die Jahre gekommen und damit rechtlich anfechtbar und überarbeitungsbedürftig geworden.
Der grundsätzliche Satzungsinhalt muss nicht neu erfunden werden; er definiert sich aus dem noch weitgehend intakten Stadtbild. Welche Maßstäbe für die bauliche Entwicklung und Gestaltung der Altstadt ohne diese Satzung angewendet werden, wird im Stadtbild zunehmend sichtbar. Das städtebauliche und baukulturelle Erbe der Stadt gerät damit zunehmend in Gefahr, unwiederbringlich verloren zu gehen. Der Fortschreibungsbedarf ist deshalb dringend geboten. In unserer Nachbarstadt Wangen ist der städtebaulich und rechtlich überarbeitete Neufassungs-Entwurf vom dortigen Stadtrat mit großer Mehrheit angenommen worden.
Noch ein paar Gedanken – eigentlich schon Geschichte – zur Südlichen Altstadt:
Nach dem baulichen Ist-Stand hat der Abbruch des sog. Kurringer-Ecks am Marktplatz, ein Gebäudeensemble von eminenter Bedeutung für die Wahrnehmung und den Erlebniswert dieses zentralen Stadtraumes, Platz für eine Neubebauung geschaffen. Der nach der Brandkatastrophe von 1631 spärlich bebaute und genutzte anschließende Bereich wird bis zur Oberen Stadtmauer, die momentan als bedeutsame ehemalige Stadtbefestigung wahrgenommen werden kann, flächenhaft neu bebaut. Das entspricht letztlich der Gründung eines neuen Stadtviertels auf historischem Boden.
Städte, darunter auch Isny sind - wie das Sprichwort für Rom sagt - nicht an einem Tage erbaut worden. Im Unterschied oder Vergleich dazu soll die „Südliche Altstadt“ in einem mittelfristigen Zeitfenster, d.h. wohl innerhalb 5 Jahren überbaut sein. Die Pläne dazu weisen - zumindest auf den ersten Blick - eine relativ monotone Architektur aus, die an Mehrfamilienwohnhäuser in Siedlungsgebieten erinnert. Hier stellt sich für uns die Grundsatzfrage, ob dieses Neubau-Altstadtviertel von den baulichen Bezügen zu den anderen drei Vierteln abgekoppelt werden und als Teil des vorhandenen Stadtbildes ein Eigenleben führen soll.
Die historische Altstadt ist ein denkmalgeschütztes Ensemble – ein Gesamtdenkmal! Wenn Teile, auch ganze Viertel erneuert werden, sollte die Formensprache, die Isny geprägt hat, beibehalten werden, nämlich:
- Maßstäblichkeit der Gebäude, Höhe, Breite, Dachneigung
- Lochfassaden, Fenster als stehende Rechteck
- Fensterteilungen, Sprossen – wichtiger als Fensterläden
- Erdgeschosse gegliedert, evtl. auch Arkaden
- Ruhige Dächer aus Ziegeln, möglichst wenige Aufbauten, keine Dacheinschnitte auf Straßenseiten
- Keine Balkone auf Straßenseiten
- Traditionelle Materialien, Putz, Ziegel, Holz
- Zurückhaltende Werbeanlagen
Wenn wir die Formensprache der historischen Altstadt richtig verstehen, ist sie ein Grundrezept und ein Wertmaßstab für Ihren Fortbestand. Die Umsetzung und Ausgestaltung des städtebaulichen Konzeptes für die „Südliche Altstadt“ wird Maßstab für die Zukunft der anderen drei Stadtviertel der historischen Altstadt von Isny sein.:
Die Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege, die sich aus Isnyer Bürgern zusammensetzt, ist sich darüber bewusst, wie schwierig es ist, zwischen bauhistorischem Schutz und Weiterentwicklung der Altstadt die richtige Balance zu finden.
Eine rechtlich stabile Altstadtsatzung ist zunächst als Beratungs- und Orientierungsinstrument für die baulichen Vorgänge in der Altstadt gedacht. Beratung bedeutet letztlich, die am Bau und damit an Veränderungen im Stadtbild Beteiligten von ihrer Verantwortung für das Stadtbild zu überzeugen, vor allem davon, dass bauliche und gestalterische Mosaiksteinchen im Laufe der Zeit das Stadtbild unmerklich prägen. Das bedeutet Engagement der Verwaltung über das übliche Baurecht hinaus, die Verwaltung ist quantitativ personell so auszustatten, dass der Beratungsmehraufwand möglich ist.
Der größte Bärendienst gegenüber der „Historischen Altstadt“ wäre der, dass die neue Satzung letztlich nur als Feigenblatt dazu dient, die ernstliche Schutzabsicht nach außen hin zwar zu dokumentieren, in der Konsequenz aber nur „soft“ angewendet wird, um Ärger, Mehraufwand und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Eine solche Altstadtsatzung wird unseres Erachtens niemand ernst nehmen mit der Folge, dass auf den Hinweisschildern „Historische Altstadt“ vor den Toren Isny´s der Begriff „Historische“ im Laufe der Zeit eingespart werden kann.